Ruhrpott Metal Meeting 2019 – Das „idyllische“ Familientreffen im Ruhrgebiet
(für metalglory.com)
Wer der Vorweihnachtszeit entfliehen wollte, hatte Anfang Dezember im Ruhrgebiet eine ziemlich gute Option hierfür. Denn das Ruhrpott Metal Meeting ging dieses Jahr in seine 5. Runde und lockte mit einem grandiosen Line up, dass eine einzige Abrissparty versprach. Und genau das war es auch. Zwei Tage lang wurde in der Turbinenhalle vor der Flöz und der Ruhrpott Stage gemosht, gegrölt und gefeiert, als gäbe es keine Morgen mehr.
Freitag, 06.12.19
‚Die Anreise gestaltet sich, trotz Berufsverkehr, ziemlich easy. Vom HBF Oberhausen ist man innerhalb weniger Minuten mit der Straßenbahn vor den Toren der Turbinenhalle. Auch alle die mit dem Auto anreisen, dürfen sich über ausreichend vorhandene Parkplätze vor Ort freuen. Der Einlass verläuft dank der guten Orga zügig und reibungslos – ein Glück denn das Wetter ist heute bei Regen, Wind und Kälte mehr als ungemütlich. Zudem konnte ich erst, wie so viele andere auch, am späten Nachmittag losfahren. Das Schicksal des Arbeitervolkes eben.
Das Foyer der ehemaligen Turbinenhalle, die einst der Erzeugung von Strom und Druckluft zur Versorgung der Eisenhütte II diente, überrascht mit langen Heizstrahlern an der Decke und lässt mich innerlich aufatmen. Super, dann muss ich mich nicht, wie die Jahre davor, erst warmtanzen. Nach einem willkommenen Hopfendrink geht’s dann auch direkt los.
THE BLACK DAHILIA MURDER machen heute für mich den Startschuss und dürfen sich an einem ausgehungerten Publikum erfreuen. Kein Wunder, die Festival-Pause zieht sich auch wie Kaugummi. Die Melo-Death Metaller aus Detroit brauchen ein paar Minuten um richtig rein zu kommen, legen dann aber nach dem 2. Song eine heiße Hüfte mit ordentlich viel Druck aufs Parkett. Die kopfige Stimme von Kuschelbär Trevor Strnad sticht dabei mindestens genauso hervor wie seine motivierenden und zuckigen Gestikulationen mit den Armen. Egal, das Quintett liefert beachtlich ab und macht Spaß. Die Meute sieht das genauso und lässt sich, wenn auch etwas tanzfaul, von der guten Stimmung einfangen.
WHITECHAPEL sorgen anschließend mit einer Mischung aus Metalcore und Death-Metal für eine emotional-düstere Atmosphäre, in der ich mich sofort verliere. Die Ruhrpott Stage ist in grün-blaues Licht gehüllt, die Stimme von Frontmann Phil Bozeman erzeugt Gänsehaut, genauso seine Klaviereinlage. WOW, damit habe ich nicht gerechnet! Was nun folgt ist ein wunderbares, vielseitiges Set, bei dem sich langsame und aggressiv nach vorne pushenden Songs, vorwiegend aus dem neuen Album „The Valley“, die Hand reichen. Das Publikum frisst den sechs Jungs aus Tennessee aus der Hand und feiert mit ordentlich viel Gegröle und wehenden Mähnen. Melancholie vs. Power. Geht nicht? Von wegen! WHITECHAPEL beweisen, es geht sowas von.
So, 30 Minuten Pause. Das reicht gerade so um sich etwas zwischen die Zähne zu schieben und für Getränkenachschub zu sorgen. Der große Food Court inklusive Metal Markt hat für so ziemlich jeden Geschmack etwas zu bieten. Ok, es ist laut und ziemlich unübersichtlich. Dennoch findet man sich schnell zurecht. Ich fackel nicht lange und genehmige mir schnell eine Bratwurst. Preis-Leistung ok – geschmacklich habe ich schon besseres gegessen. Das Zahlungssystem per Wertbons wirkt dabei erstmal abschreckend, funktioniert aber hervorragend. Ein Bon ist ein Euro. Das anschließende Bier für 3 Bons schmeckt dann wieder. Wunderbar, dann kann’s ja weiter gehen.
Es ist wieder Zeit für die volle Dröhnung Melodic-Death-Metal. INSOMNIUM scharren mit den Hufen und beehren das RMM nach 2017 bereits zum 2. Mal. Geil, endlich kann ich die vier Finnen live sehen. Die Reihen vor der Stage füllen sich augenblicklich, meine Vorfreude steigt. Das was jetzt folgt ist eine 1a Show, die sich sehen lassen kann. Vom Sound bis zur Perfomance – es passt einfach alles. Besonders gut kommt die Stimme von Bassist und Sänger Niilo Sevänen zur Geltung. Der charismatische Frontman weiß wie man sich in Szene setzt, seinen Bass ebenso. Während die ersten Klassiker ihren Platz in der Playlist einnehmen, scheint die Meute zu explodieren. Der erste richtige Moshpit inklusive Wall of Death bringen die Halle zum kochen. Mutig begibt sich dann auch der erste Crowdsurfer auf den Weg und erreicht fast nicht sein Ziel. Puh, das war knapp! Liebe Herren der Security – gebt Acht, die Nacht hat begonnen. Ab dann platzt der Knoten. Die Welle der Surfer rollt, die Aufmerksamkeit der Security ebenfalls. Super! INSOMNIUM sind jetzt schon mein Highlight des Tages. Zeigt uns mehr von euch!
Nach einem kurzen Break und ein paar netten Gesprächen ist um 23 Uhr endlich Showtime. Mesdames et Messieurs: Es ist angerichtet für KATAKLYSM. Die Kanadier sind zweifelsohne neben INSOMNIUM die Headliner des Tages und spielen die feierwütigen Metaller in Grund und Boden. Die Nackenmuskeln vollbringen Höchstleistungen und die Vielzahl der reckenden Fäuste ist mehr als beeindruckend. Maurizio Iacono & Co. veranstalten eine einzige Abrissparty und punkten mit einem hervorragenden Sound und noch besserem musikalischen Können. Die Haare fliegen, die Leute sind nicht mehr aufzuhalten. Auch die Frequenz der CrowdsurferInnen ist bisher die höchste des Tages. Wow, was für eine Darbietung! Die Stimmung ist auf ihrem Höhepunkt, was nicht zuletzt daran liegt das die vier Herren rundum einen gelungenen Mix aus alten Schätzchen und neuen Werken kredenzen. Vielen Dank für dieses geile Finale!
Es ist kurz nach Mitternacht, das Licht geht an. Was bleibt ist Staub, Schweiß und glückliche Gesichter. Es hätte nicht besser sein können. Etwas ärgerlich: Direkt nach Konzertschluss werden wir ziemlich zügig und auch noch ohne Bier vor die Türe gebeten. Feierabend! Irgendwie verständlich, aber was nun? Wohin mit der ganzen Energie? Im Umkreis finden zum Glück noch einige wenige Partys statt. Wer noch nicht total zerstört ist und seine Nackenmuskeln weiter strapazieren möchte, geht ins nahegelegene Helvete zum rocken. Wir gehen nach Hause und schlafen den Schlaf der Gerechten. Gute Nacht!
Samstag, 07.12.19
Das Ruhrgebiet ist meine Heimat. Was liegt also näher als die Zeit vor Ort für einen schnellen Besuch bei Freunden und Familie zu nutzen?! Ein wenig verspätet, aber noch pünktlich, treffe ich zu NECROPHOBIC ein, die heute auf der Flöz Stage, der 2. Bühne des Veranstalters, ihr RMM Debüt feiern. Die Schweden bestechen sowohl technisch als auch musikalisch mit melodischen und düsteren Death-Metal Songs aus ihrem aktuellen Album “Mark Of The Necrogram” und verleihen dabei dem Ganzen eine sehr persönliche Note. Die fünf Metaller rundum Anders Strokirk haben sichtlich Lust die Sau rauszulassen und verbreiten mit ihrer starken Bühnenpräsenz beste Laune und eine tolle Stimmung. NECROPHOBIC überzeugen auf ganzer Linie. Dabei interessiert es auch nicht wirklich, dass der Sound der Flöz noch ein wenig zickig ist.
Auf der Ruhrpott Stage heißt es nun: „It’s time for Glam Metal“. KISSIN‘ DYNAMITE zocken im Headlinerspot und sorgen für eine beachtliche Party mit ordentlich viel Bling Bling, Gepose und eingängigen Texten, die zum lauten Mitsingen auffordern. Unterstützt wird das Ganze durch perfekt durchgeplante Showeinlagen und ordentlich Feuer-Pyro, besonders beim Song „I’ve got the fire“. Die fünf Schwaben um Rock-Diva Hannes, die schon als Schüler zusammen die Bühne gerockt haben, wissen wie man mit dem Publikum spielt und es für sich gewinnt. Dennoch wirken sie an einigen Stellen zu wenig authentisch. Manchmal ist etwas weniger eben doch mehr.
Nach einem kurzen Futterbreak inklusive Zwischenmenschlicher Gesichtspflege zeigen BATTLE BEAST dem RMM Publikum wo der Hammer hängt. Hola, was für ein Auftakt in die finale Runde des Abends. Technik, Licht, Sound – alles passt perfekt. Frontfrau Noora ist eine einzige Rampensau und präsentiert sich kostümiert, behörnt und voller Bewegungs-Energie. Die Reihen vor der Stage sind ihr sofort ausgeliefert. Das nenne ich mal Motivation. Die Stimmung im Publikum ist bei Songs wie „Madness“ oder „Bastard son of odin“ auf dem absoluten Höhepunkt. Geiler Scheiß! Zugegeben: BATTLE BEAST bedient ein Metal-Genre, dass nicht zu meinen Lieblingen gehört. Dennoch überzeugen die Finnen mich auf ganzer Linie. Hut ab für diesen hervorragenden Auftritt!
QUEENSRŸCHE machen schließlich den Sack für heute zu. Die alten Hasen des Prog-Metal erweisen sich als absolut würdiger Headliner, indem sie sich in Bestform und gut gelaunt präsentieren. Die Auswahl der Songs hätte mit einem Mix aus alten und neuen Stücken, wie „Walk in the shadows“ oder “Blood Of The Levant” nicht besser sein können. Die Atmosphäre ist mitreißend und irgendwie besonders. Ein toller Auftritt der US-Amerikaner. Trotzdem irgendwie schade, dass für den Großteil der Masse schon nach BATTLE BEAST Feierabend war.
Fazit: Das RMM ist mit ca. 5000 Besuchern ein sehr familiäres und gut organisiertes Festival im Herzen des Pott’s. Das Line-Up ist ansehnlich, abwechslungsreich und bietet den Besuchern auch im Winter ein Stück „Festival-Feeling“. Die Veranstalter setzen auf eine kontinuierliche Verbesserung der örtlichen Gegebenheiten. Toll! Die Anbindung zur Turbinenhalle ist unschlagbar, die Preise für Bier & Co. in der Summe sehr fair. Der Sound auf der Ruhrpott Stage ist super, die Flöz Stage hat dieses Jahr hingegen etwas gelitten. Schade war auch, dass Getränke grundsätzlich in Wegwerf-Plastikbechern ausgeschenkt wurden. Auf den „Müll“ kann man echt verzichten! Fakt ist aber, dass der Besuch des RMM mittlerweile zur Tradition geworden ist. Und das liegt nicht nur an dem Heimvorteil. Wir kommen definitiv nächstes Jahr wieder – dann sind hoffentlich auch beide Tage restlos ausverkauft.
(Autorin: Bea Hecker, Fotos: Jens Hecker | www.StagePix.de)